Wenn aus Liebe Unterdrückung wird... (Mai 2011)

Die eigenen vier Wände, der Platz, an dem Mutter, Vater, Kind zusammenwohnen, das seien eben nicht immer Orte der großen Zuneigung und der reinen Harmonie. Ulrike Dustmann sprach in der jüngsten Sitzung des Kreis-Sozialausschusses Soest Klartext. Jede vierte Frau im Alter von 16 bis 85 Jahren erlebe in der Familie Gewalt. Die Leiterin des Soester Frauenhauses nannte Zahlen und Fakten, die manchen im Raum aufhorchen ließen. Sie informierte über körperliche, seelische und sexuelle Misshandlungen, konfrontierte ihre Zuhörer mit Übergriffen, die nicht etwa irgendwo passieren, sondern auch in der Nachbarschaft.

Wenn aus Liebe Unterdrückung wird... Ulrike Dustmann kennt viele Schicksale von Opfern, die lange mit sich ringen, bis sie um Hilfe bitten. Das Soester Frauenhaus sei Zufluchtsstätte, ein Raum, um durchzuatmen, um zur Ruhe zu kommen und Kraft zu gewinnen, den Alltag aus eigenem Antrieb neu zu ordnen. Die Aufnahme sei keine Dauerlösung.

In gut 20 Jahren fanden 1.400 Frauen mit 1.600 Kindern Schutz. Für sie alle war der Entschluss, nun die Koffer zu packen, ein Entkommen ins Ungewisse. Die Frauen bleiben gut drei Monate, die Belegung liegt seit der Eröffnung Anfang der 90er Jahre durchschnittlich bei 75 Prozent. Seit März allerdings sind sämtliche 19 Plätze belegt. Ulrike Dustmann: „Wir können im Moment niemanden mehr bei uns aufnehmen." Doch keiner werde abgewiesen, das Soester Team stehe in enger Verbindung mit Einrichtungen in der Nachbarschaft.

Die Leiterin wies zudem auf die kostenlosen ambulanten Angebote des Frauenhauses hin. Ein „entscheidender Schwerpunkt" sei die Präventionsarbeit mit den Kindern, jedes werde ernst genommen. Denn es ist traurig, aber wahr: Wer in jungen Jahren Gewalt erlebt, der neigt später dazu, selber zum Täter zu werden.

Hintergrund des Berichtes im Sozialausschuss: Der Kreis gewährt einen Zuschuss, seit 2 Jahren sind das unverändert rund 30.700 Euro. Das Gremium ließ sich daher darüber informieren, was mit dem Geld geschieht.

Das Land gibt nach einer Kürzung noch knapp 8.700 Euro, die Evangelische Frauenhilfe als Trägerin muss einen Eigenanteil aufbringen, der sich vergangenes Jahr auf 69.700 Euro belief. Die Frauen müssen bislang zudem Miete zahlen und zwar täglich 22,50 Euro. Bei Bedürftigkeit übernimmt diesen Anteil der Sozialhilfeträger. Ulrike Dustmann macht unmissverständlich klar: „Keine der Frauen kann den Betrag selber aufbringen."

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