Situation der häuslichen Gewalt im Kreis Soest (November 2011)


Ulrike Dustmann (r.) und Doris Brunnberg vom Frauenhaus Soest machen die zunehmend dramatische Lebenssituation der von Gewalt betroffenen Frauen und Kinder (auch) im Kreis Soest deutlich.

Der 25. November ist seit 1999 der Internationale Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen,  ein jährlich abgehaltener Gedenk- und Aktionstag zur Bekämpfung von Diskriminierung und Gewalt jeder Form gegenüber Frauen. Anlass für das Frauenhaus Soest, das seit 1990 in Trägerschaft der Evangelischen Frauenhilfe in Westfalen ist, die Situation der von häuslicher Gewalt betroffenen Frauen und Kinder im Kreis Soest zu skizzieren.

Ulrike Dustmann, Leiterin des Frauenhauses, stellte heraus, dass die Arbeit sich aufgefächert habe in ein Schutzhaus, eine Beratungsstelle und in offene Angebote. 20 Plätze - 15 im Haus und 5 in einer dezentralen Schutzwohnung - biete das Frauenhaus Soest. Bis November seien bereits 60 Frauen mit 90 Kindern im Hause gewesen; derzeit seien es 6 Frauen mit 8 Kindern. Die Schutzsuchenden kämen zu ca. 60 Prozent aus dem Kreis Soest, die anderen mittlerweile aus dem gesamten Bundesgebiet.

Die Lebenssituation der Schutzsuchenden spitze sich, so die Leiterin, immer mehr zu: die Zahl der 18jährigen Frauen nehme zu; jene, mit Gewalterfahrungen aus dem Elternhaus; Frauen mit psychischen Erkrankungen wie z.B. Psychosen und Borderline oder Frauen mit mehreren Problemlagen wie Schulden und Sucht kämen vermehrt ins Frauenhaus. „Es ist leider auch festzustellen“, ergänzte Ulrike Dustmann, „dass sich die Gewalt auch zunehmend gegen die Institution Frauenhaus und gegen die Bewohnerinnen richtet.“ Stalking und Drohungen gegen Mitarbeiterinnen häuften sich. Die Gewalt ausübenden Männer der zu schützenden Frauen und Kinder scheinen das Frauenhaus vermehrt im Fokus für ihre Aggressionen zu nehmen.

Die Finanzierung des Frauenhauses beziehe sich lediglich auf die Unterbringung im Schutzhaus, ergänzte Doris Brunnberg, Mitarbeiterin des Frauenhauses. „22,50 € pro Frau oder Kind pro Tag werden in der Regel von der AHA übernommen“, präzisierte sie. Die Präventionsangebote und die Öffentlichkeitsarbeit seien nicht finanziert. Dabei sei das gerade wichtig, betonte Ulrike Dustmann. So führen die Mitarbeiterinnen des Hauses immer wieder Veranstaltungen in Schulen durch, in diesem Jahr z.B. in dem Börde Berufskolleg in Soest.

Die ambulante Beratung nutzen im Durchschnitt 4 Frauen in der Woche. Zum offenen wöchentlichen Gruppenangebot „Meine Stärken stärken“ finden sich jede Woche in der Tagungsstätte Soest kurzfristig Frauen ein. Ambulante Beratung, offene Gruppenangebote und die Nachbetreuung für jene, die das Schutzhaus verlassen haben sind unbürokratisch und kostenfrei für die Frauen. Im Jahresdurchschnitt suchen 70 Frauen mit 100 Kindern seit 1990 das Frauenhaus Soest auf. Sie bleiben zumeist sehr unterschiedliche Zeitspannen, im Durchschnitt kann von 3 Monaten ausgegangen werden.

Seit Bestehen des Hauses konnten 1.400 Frauen mit ca. 2.000 Kindern geholfen werden, 2.080 Beratungen durchgeführt und ca. 4.000 Frauen Begleitung nach dem Aufenthalt im Frauenhaus erhalten.  Nach der Zeit im Frauenhaus zieht ca. die Hälfte der Frauen in eine eigene Wohnung; ein Teil geht zurück ins die vorherige Lebenssituation, ein Teil kommt bei Verwandten unter und ein Teil zieht in ein anderes Frauenhaus, um räumliche Distanz zu gewinnen.

Hintergrund für die offizielle Initiierung des Aktionstages 1999 durch die Vereinten Nationen (Resolution 54/134) war die Entführung, Vergewaltigung und Folterung dreier Schwestern und ihre Ermordung im Jahr 1960. Die Schwestern Mirabal waren in der Dominikanischen Republik durch Militärangehörige des damaligen Diktators Rafael Trujillo verschleppt worden.

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