Gewaltschutz-Netzwerk stärken und ausbauen

(März 2022)

Gewaltschutz-Netzwerk stärken und ausbauen (März 2022)

Foto: Rike / pixelio.de

„Laut der Istanbul-Konvention ist das Land verpflichtet Anlaufstellen für Opfer von häuslicher Gewalt einzurichten und zu finanzieren. Das geschieht bisher nur teilweise und noch nicht in vollumfänglicher Weise“, bedauert Maike Schöne. Alle Frauen, die für ihren Lebensunterhalt selbst sorgen und nicht von Sozialleistungen abhängig sind, EU-Bürgerinnen oder Rentnerinnen – all diese Frauen haben einen Eigenanteil für ihren Aufenthalt im Frauenhaus zu zahlen. In dieser akuten Notlage kann es zu möglichen Schulden führen. „Somit bleibt einigen Frauen der Zugang zu diesem Hilfesystem aus finanziellen Gründen verwehrt“, konstatiert die 36jährige Leiterin des Soester Frauenhauses und fügt hinzu: „Das ist ein sozialer Missstand und erfordert ein Umdenken.“

„Das Frauenhaus ist ein Zufluchtsort für Frauen, die akut vor häuslicher Gewalt fliehen. Die Gewaltspirale zu durchbrechen ist aber schwerer und dauert länger in der Pandemiezeit“, stellt Maike Schöne fest. Die Leiterin des Frauenhaus Soest blickt auf das Jahr 2021 zurück. 26 Frauen mit 33 Kindern fanden Schutz, die Auslastung des Hauses ist in etwa gleich geblieben.

Und dennoch hat sich wieder einiges verändert – nicht nur zum Guten. „Eine Frau ist bereits über ein Jahr bei uns und es fehlt immer noch die Perspektive, wie es für sie und die Kinder weitergeht“, berichtet sie. Dieser Aufenthalt verlängerte sich wegen der Dauer von Gerichtsverfahren in besonderem Maße. „Solch lange Aufenthalte sind nicht die Regel“, erläutert die36jährige, „in manchen extremen Fällen sind lange Aufenthaltszeiten aber notwendig, um gewaltvolle Übergriffe und auch Tötungen von Frauen und Kindern zu vermeiden.“ Zudem war es eine besondere Herausforderung für die Frauen, sich in diesen Zeiten ein neues Leben aufzubauen. Termine, z.B. für Wohnungsbesichtigungen, bei der Bank oder bei Behörden, für Coronatests oder Impfschutz liefen zumeist online - alles fand unter erschwerten Bedingungen statt, forderte zusätzliche Organisation, die auch von dem Team des Frauenhauses mitgetragen wurde und erforderte mehr Zeit.

„Alles ist akut“, betont Schöne. „Die Kurzfristigkeit der aktuell geltenden Corona-Bestimmungen forderte uns im Alltag sehr, da unsere Arbeit bereits ein „hohes Grundtempo“ mit sich bringt.“ Das war nur mit dem hochengagierten Team - vier landesfinanzierten Vollzeitstellen – zu leisten, stellt die Leiterin heraus. Leider gab es auch im letzten Jahr Anfragen von Schutzsuchenden, die meist wegen mangelnder Platzkapazitäten abgelehnt und andernorts verwiesen werden mussten.

„Wir haben im Kreis Soest eine große Solidarität und finanzielle Unterstützung erfahren“, stellt Maike Schöne fest. So unterstützt die Dr. Arnold Hueck-Stiftung (Lippstadt) die Frauen finanziell über eine Einzelfallhilfe, die individuell und sehr unbürokratisch stattfindet. Online und Präsenz- Vorträge –– z.B. bei den SI-Clubs im Kreis Soest oder der kfd - erläuterten die Arbeit und das Leben der Frauen im Frauenhaus und wurden mit Spenden verbunden. „All diese und andere Gelegenheiten zeigen die Wichtigkeit dieser Opferschutzeinrichtung. Sie drücken eine Wertschätzung für den Einsatz aller Kolleginnen aus, die nun auch im zweiten Corona-Jahr mit besonderen Belastungen umzugehen verstanden“, so Schöne.

Das Netzwerk im Kreis Soest für Frauen gelte es weiter auszubauen. Die Kooperation mit der Allgemeinen Frauenberatungsstelle laufe gut. Auch mit weiteren Akteurinnen aus dem Kreis Soest konnte im November die landesweit ausgerufene Aktionswoche gegen Gewalt gestaltet und mit Leben und Inhalten gefüllt werden.

Hintergrund

Das Frauenhaus Soest der Evangelischen Frauenhilfe in Westfalen verfügt über 19 Plätze für Frauen und ihre Kinder. Konkret heißt dies: für 8 Frauen mit ihren Kindern. Es bietet Frauen und ihren Kindern, die von häuslicher Gewalt betroffen sind, eine geschützte, anonyme Wohnmöglichkeit, Beratung und Begleitung während des Veränderungsprozesses. Weiteres unter www.frauenhaus-soest.de
Die Kreiskooperationsrunde gegen häusliche Gewalt und für Kinderschutz im Kreis Soest hat seit der landesweiten Aktionswoche unter www.kreis-soest.de/aktiongegengewalt Flyer und Informationen über alle Beratungseinrichtungen im Kreis.
Unter www.frauen-info-netz.de ist ersichtlich, wo bundesweit Plätze frei sind. Neu ist eine bundesweit eingerichtete Suchmaske unter www.frauenhaus-suche.de.

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